Tim Wolfgarten: Zur Repräsentation des Anderen. Eine Untersuchung von Bildern in Themenausstellungen zu Migration seit 1974
Was wird über Bilder in Themenausstellungen zu Migration inhaltlich vermittelt und welche Affekte werden über die formale Bildgestaltung aufgerufen? Das sind die zwei zentralen Leitfragen der Studie, für die insgesamt 814 Ausstellungen erhoben wurden.
Die Studie bietet eine erstmalige umfassende Übersicht über ebendiese Ausstellungen, innerhalb derer das Thema Migration seit dem Jahr 1974 insbesondere auf bildlicher Ebene verhandelt wird. Auch wenn die Anzahl der insgesamt 13.049 untersuchten Bilder hoch erscheint, wird bei näherer Betrachtung deutlich, dass die Auswahl der eröffneten Sichtweisen auf das Thema begrenzt ist. Neben Schlussfolgerungen für die kuratorische Praxis bieten die Befunde des Weiteren Impulse für die pädagogische Tätigkeit der Vermittlung.
Zum Autor:
Tim Wolfgarten, Universität zu Köln, Deutschland
Autoreninterview:
1. Warum ein Buch zu diesem Thema?
Seit mehr als 40 Jahren werden Themenausstellungen zu Migration von unterschiedlichen Institutionen angeboten. Es schien mir daher an der Zeit, einen ersten umfassenden Überblick über ebendiese Ausstellungen zu geben und den Fokus dabei vor allem auf deren prominentestes Medium – das Bild – zu richten: Welche Aussagen werden bildbasiert getätigt und mit welchen formalgestalterischen Mitteln geschieht dies?
2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?
Eine neue Perspektive ist, dass nicht nur nach den gezeigten Bildinhalten und den darüber vermittelten Bildaussagen gefragt wird, sondern auch formalgestalterische Aspekte mit einbezogen werden. So ist es ebenfalls möglich, Aussagen hinsichtlich der Affektevokation zu tätigen. Bildungstheoretische Ansätze sowie affekt- und diskurstheoretische Gesichtspunkte werden auf diese Weise methodologisch zusammengebracht. Die einzelnen Exponate der Ausstellungen erscheinen über diese Perspektive nicht nur als singuläre Bildungsanlässe, zu denen sich die Betrachter_innen verhalten. Darüber hinaus werden Bilder innerhalb eines übergeordneten Geflechts von bereits gesehenen Repräsentationsweisen verstanden, die über die gezeigten Darstellungsformen mit assoziiert werden.
3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in den aktuellen Forschungsdebatten zu?
Da die in den Ausstellungen gezeigten Bilder nicht unabhängig von medialen Darstellungsformen sowie alltagsgebundenen Sichtweisen auf das Thema Migration zu betrachten sind – vielmehr bedingen sie sich gegenseitig –, betrifft die Auseinandersetzung mit den bildlichen Repräsentationsweisen nicht nur das Feld der Museologie. Ich würde sagen, dass sich die Bedeutung des Themas überall dort zeigt, wo nach Konstruktionen eines gesellschaftlichen Anderen gefragt wird, da diese vornehmlich auf imaginären Vorstellungen, d.h. auf Bildern, beruhen.
4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten diskutieren?
Ich glaube, dass mit allen in der Studie genannten Akteur_innen, zitierten Autor_innen und abgebildeten Personen inspirierende Diskussionen möglich wären. Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich es zudem als besonders spannend ansehen, die gewonnenen Erkenntnisse international zu vergleichen und zu eruieren, wo die Unterschiede und vor allem auch die Gemeinsamkeiten der Repräsentationsweisen in den nationalstaatlich verankerten Diskursen um Migration liegen.
5. Ihr Buch in einem Satz:
Die Studie bietet erstmalig einen umfassenden Überblick über die thematisch ausgerichteten Ausstellungen sowie deren Exponate, die zwischen 1974 und 2013 in Deutschland zu sehen waren und heute noch nachleben.
Tim Wolfgarten: Zur Repräsentation des Anderen. Eine Untersuchung von Bildern in Themenausstellungen zu Migration seit 1974
Bielefeld: transcript Verlag 2018
ISBN 978-3-8376-4618-4