Thema: Zwischen Emanzipation und Optimierung - Kultureller Bildung in der Personalentwicklung
Warum setzen Unternehmen kulturpädagogische Elemente in ihrer Personalentwicklung ein? Wie ist dieser Einsatz aus Sicht der Kulturellen Bildung zu bewerten? Diese beiden Fragen standen im Zentrum des Promotionsprojekts „Zwischen Emanzipation und Optimierung. Kulturelle Bildung in der Personalentwicklung“. Eine Motivation für dieses Forschungsarbeit war die Feststellung, dass es bereits einige praxisorientierte Bücher, Artikel und Projekte zu der Fragestellung gibt, wie sich eine Zusammenarbeit zwischen Kulturschaffenden und Unternehmen gestaltet, wissenschaftlich fundierte Untersuchungen zu den Beweggründen der Unternehmen jedoch fehlen. Die Ergebnisse der Arbeit tragen zur Schließung dieser Lücke bei und bieten der Kulturellen Bildung eine neue Argumentationsgrundlage für die Auseinandersetzung mit dem kulturpädagogischen Engagement seitens der freien Wirtschaft.
Für die Durchführung der empirischen Forschung wurden in neun Unternehmen leitfadengestützte Experteninterviews durchgeführt und in einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass die Motivation der Unternehmen zum Einsatz kulturpädagogischer Elemente vor allem in der Förderung von Schlüsselkompetenzen liegt. Sie sind der Meinung, dass es für die Weiterentwicklung und Erfolgssteigerung der Unternehmen notwendig ist, dass ihre Mitarbeiter*innen diese Kompetenzen erwerben. Der Kulturpädagogik trauen sie zu, diesen Kompetenzerwerb in besonderer Weise zu ermöglichen. Sie folgen dabei der pädagogischen Sichtweise von Personalentwicklung, für die die Persönlichkeitsentwicklung des Individuums durch Bildung im Mittelpunkt steht. Mitarbeiter*innen sollen durch Bildungsangebote Schlüsselkompetenzen erwerben und dadurch befähigt werden, Prozesse und Entwicklungen im Unternehmen zu bewältigen, zu bewerten und zu gestalten.
Die Haltung der Kulturellen Bildung zu diesem Einsatz ist ambivalent: Als Konzept und pädagogische Haltung liegen ihr ein weiter Kultur- und ein weiter Bildungsbegriff zugrunde, ihr Ziel ist die Befähigung des Menschen zur Selbst- und Weltgestaltung. In einer kulturpädagogisch geprägten Personalentwicklung geht es jedoch nicht um diese weite emanzipatorische Entwicklung. Der Fokus liegt dort auf der Gestaltung der Unternehmenswelt, zu der die Mitarbeiter*innen befähigt werden sollen. Somit werden wichtige Handlungsprinzipien und Ziele der Kulturellen Bildung von den Unternehmen außer Acht gelassen, was kritisch zu bewertet ist. Gleichzeitig muss jedoch positiv gesehen werden, dass diese Unternehmen überhaupt auf kulturpädagogische Elemente und damit auf humanistische Bildungsprinzipien zurückgreifen. Zudem trägt der Einsatz kulturpädagogischer Elemente in Wirtschaftsunternehmen dazu bei, Kulturelle Bildung außerhalb des kulturellen und pädagogischen Umfeldes bekannt zu machen und auf seine Bedeutung für politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen hinzuweisen. Zwischen Kultureller Bildung und Personalentwicklung besteht daher ein Spannungsfeld, das nicht aufzulösen ist. Die politisch, künstlerisch und pädagogisch Aktiven in der Kulturellen Bildung befinden sich in dieser Spannung zwischen pädagogischem und normativem Anspruch und alltäglicher (Unternehmens-)Realität. Sie werden sich zu der Tatsache, dass kulturpädagogische Arbeit in der Personalentwicklung nur die unternehmensbezogenen Faktoren im Blick behält und die Befähigung zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung ausklammert, positionieren müssen.
Studienabschluss
Erwachsenenbildnerin (M.A.), Diplom-Sozialpädagogin (FH)