Forschungskolloquium Vol. 19
Das 19. Forschungskolloquium fand im Vorfeld der Tagung "Was tun? Handlungspraxis und -verantwortung in der Kulturellen Bildung" (16.-17. September) an der Fliedner Fachhochschule in Düsseldorf statt. Wer nicht persönlich vor Ort sein konnte, war dem dicht gepackten Veranstaltungstag digital zugeschalten. Auch dieses Mal waren neue Teilnehmer_innen neben den bekannten Gesichtern aus unterschiedlichen Forschungsfeldern der Kulturellen Bildung dabei (empirische Bildungsforschung, Theaterpädagogik, Musikpädagogik und -vermittlung, Kunstpädagogik und -vermittlung, Tanz- und Bewegungskultur, Kulturpolitik, Musiktherapie und Kulturwissenschaften). Die wissenschaftliche Begleitung übernahmen erneut Vanessa Reinwand-Weiss, Juliane Gerland, Thomas Wilke und Fabian Hofmann, der zeitgleich in die Tagungsorganisation eingebunden war. Die Beiträge richteten sich vor allem auf theoretische und methodische Fragestellungen.
In ihrer Promotionsforschung zu Kooperationen in der musikalischen Bildung beobachtet Johanna Borchert ein höchst spannungsreiches Verhältnis von Laien-Musikvereinen gegenüber Musikschulen, das aus unterschiedlichen Bewertungen der jeweiligen Rollen und Funktionen resultiert. Für Spannung sorgt insbesondere die aus Sicht der Musikvereine (überwiegend) akzeptierte, aber schwierig zu erfüllende Norm einer professionelle Musikerziehung. Die Kolloquiumsrunde bestärkte Johanna darin, ausgehend von ihrer Strukturbeschreibung im nächsten Schritt Erklärungshypothesen für das Verhalten und Agieren der Vereinsmitglieder zu bilden.
An der Entwicklung eines tanzpädagogischen Theoriemodells arbeitet Ellen Steinmüller in ihrer Dissertationsforschung über das britische Tanzprojekt "Dance United", das sie selbst 15 Jahre lang begleitet hat. Angesichts ihres umfangreichen Forschungsmaterials über die Methodik von "Dance United" und über verschiedene Zielstellungen und Tätigkeitsbereiche des Projekts konfrontierte Ellen das Kolloquium mit der Herausforderung, ob ihre Daten im Rahmen von etablierten Theorien zu Tanz in der kulturellen Bildung ausreichend erklärt werden können oder vielmehr eine Grundlage für ein neues theoretisches Modell darstellen.
Henriette Mühlmann und Claudia Roßkopf, die am Nachmittag aktuelle Arbeitsschritte ihrer Promotionsprojekte vorstellten, arbeiten beide unter Betreuung von Vanessa Reinwand-Weiss zu Digitalität und Museen. Henriette, die sich in der Anfangsphase ihrer Forschung befindet, präsentierte im Zusammenhang mit grundlegenden begrifflichen Auseinandersetzungen eine Recherche zum didaktischen Konzept der "Handlungsorientierung". Die anschließende Diskussion führte zu der Frage, inwieweit offene Lernprozesse im Museum überhaupt durch schuldidaktische Theorien beschrieben und erklärt werden können, womit Henriette einen wichtigen Impuls für ihre weitere Arbeit gewann. Claudia, deren Promotionsvorhaben bereits weiter fortgeschritten ist, lud die Teilnehmenden zur Auswertung ihrer Forschungsinterviews ein und nutzte so das Angebot des Kolloquiums als produktive Arbeitsgemeinschaft, um eigene Interpretationen kritisch zu überprüfen.
In einer vergleichsweisen kleinen Runde und trotz des digital-hybriden Formats verlief das Kolloquium in gewohnt hoher Konzentration, bis nach einem intensiven Arbeitstag die Köpfe rauchten und unter Bedauern, dass ein gemeinsamer abendlicher Ausklang dieses Mal nicht für alle möglich war, Abschied genommen wurde.
Henriette Mühlmann ist Doktorandin an der Universität Hildesheim und untersucht am Zentrum für Kulturwissenschaftliche Forschung in Lübeck digitale Vermittlungsangebote von kulturhistorischen Museen.